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Der Ort

Schlossplatz

30.10.2005

Sommerloch im Schlossplatz?

Anne Schäfer-Junker
Berlin

Rund gut 3 Wochen vor den Neuwahlen zum Bundestag - am 24.8.2005 - lädt die deutsche BundesBau-Regierung zur Pressekonferenz mit der Vorstellung einer Machbarkeitsstudie zur Neugestaltung des Schloss-Areals in der historischen Mitte Berlins auf der Spreeinsel: Großer Schritt für Neuaufbau des Berliner Schloss-Areals!

Bundesbauminister Dr. Manfred Stolpe stellte zusammen mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Kulturstaatsministerin Dr. Christina Weiss, Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer und dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Prof. Dr. Klaus-Dieter Lehmann, die Ergebnisse einer "Machbarkeitsstudie" für das Berliner Schloss-Areal vor. Bundesbauminister Dr. Stolpe erklärte dazu am 24.8.2005:
"Heute sind wir dem Neuaufbau des Berliner Schloss-Areals einen großen Schritt näher gekommen. Alle wesentlichen Fakten liegen jetzt auf dem Tisch. Die nächste Bundesregierung und der nächste Bundestag können nun entscheiden. Ich setze mich für eine partnerschaftliche öffentlich-private Finanzierung ein."

Es sei vorweg genommen:
Diese geladene Pressekonferenz wurde zum Spagat zwischen neu zu kalkulierenden Größenordnungen und alt vorherrschendem Lobbyismus: sind Bundestagsbeschlüsse bei einem 35 Milliarden Haushaltsloch noch hinreichend gedeckt?
Eindeutig: Nein. Das hat Thierse eineindeutig gesagt.

Insofern haben sich Stolpe, Thierse und Weiss wacker geschlagen.

Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und einziger echter "Nutzer" in dieser Runde, hat seine Forderung nach Hab-Acht-Haltung vor den Nutzerinteressenten erneut deutlich machen können - sein Beitrag war der einzig schlüssige Beitrag in diesem Zusammenhang mit wirklich angemessenen Vorschlägen und deren Darstellung in flexibler Handhabung auf der "Richterskala" im Erzielen von relativitätsbasierten Sichtungen und Sichtweisen zugunsten eines visionsbasierten, realisierbaren, kulturvoll genutzten Zentrums in der deutschen Bundeshauptstadt.

Alle RednerInnen haben den Schlossplatz zur "Nationalen Großbaustelle" ausgerufen und damit einen Veredelungsprozeß in Gang gesetzt, der eigentlich mehr gerechte Kenntnisnahme verdient als es dann schlagartig in den tagesaktuellen Medien geschah.

Dies ist er jedoch wirklich: eine nationale Großbaustelle - über der Erde und unter der Erde! Das kleinliche Gezänk über eine Kanzler-U-Bahn / keine Kanzler-U-Bahn der Berliner Verwaltung mit dem Bund mag berechtigt sein. Aber den eigentlich großen Entwurf auf der Basis der von Bundesbauminister Stolpe vorgetragenen Zusammenhänge der durch neue Gesetze gestützten Privat-Public-Partnership zur Finanzierung des Ganzen gelangen Weiss und Lehmann. Weiss machte deutlich, daß dies nichts mehr und nicht weniger ist als das Erwachen der Kulturnation in einem vereinigten Deutschland.

Lehmann hat deutlich gemacht, daß die vom Bundesrechnungshof an die Adresse der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gerichtete Kritik an der Archäologischen Promenade im Rahmen des Masterplan Museumsinsel 1999 bis nunmehr 2015 genau das Gegenteil ist: die dort zu investierenden Kosten - einer im übrigen nicht vollständig neu zu bauenden Verbindung zwischen den Museen der Museumsinsel bilden die Voraussetzung für eine Anbindung an die 'Arsenale' des Schlossplatzes - wie Lehmann sagte: ähnlich dem Louvre-Carouselle. Es entstünde die überirdische und "unterirdische" Museumsinsel, deren Leben im Untergrund ja eigentlich schon vorhanden ist. Ein genialer verkehrspolitischer und kultureller Schachzug für die lebendige Zukunft Spreeinsel.

Die klaren Worte des Bundestagspräsidenten Thierse zur Haushaltslage schien gleichfalls niemand verstehen zu wollen: Haushaltssperre! Daraus folgt unumgänglich die Neuordnung der Finanzierungsweise, bspw. einer Privat-Public-Partnership am und für das Schloss-Areal!

Zu viele Unsicherheiten, zu viel private Einflußnahme?
Das tragische an der Sache ist, daß dies nur wenige der wenigen anwesenden Journalisten zu verstehen glaubten, so daß die eigentlich schlechte Nachricht aus den Mündern der anwesenden Verfasser der "Machbarkeitsstudie" und Architekten fast keiner gehört hat oder hören wollte: man sieht selbstverständlich den Abriß des Palastes und seiner Wanne vor! Das war das leise, ungeheuerliche Geständnis an diesem Tag. Eine unglaublich inkompetente Zielsetzung in einer immobilien-finanz-ökonomisch basierten "Machbarkeitsstudie", die dem historischen und zentralen Ort ein "Kamm"-Hotel verpaßt hat, damit alles bezahlbar würde!

Was für ein Hohn! Der Leerstand an Immobilien auf der Spreeinsel und die große Büro-Haus-Leere in der gesamten Mitte der Stadt, der gescheiterte Alexander-Platz-Hochhausbau - die vergebliche Investorenbindung in den Rathaus-Passagen, die drohende Insolvenz der WBM-Mitte und die Probleme der Kosten bei der Grundwasserhaltung und der Bauverzögerung am Pariser Platz / Brandenburger Tor!

Wahrlich, ein sinnvoller Ansatz in der richtigen Größenordnung der Beteiligten, aber ein kleinkariertes Pflöcke-Einschlagen der Berliner Bürokratie. "Der Palast-Abriß ist nicht ideologisch, sondern logisch", tönte es vor ein paar Wochen aus der Berliner Baubürokratie in die gedruckte Überschrift bei einem Interview in einer Berliner Tageszeitung. Tausende Tonnen von gut verbautem Stahl in einem modernen Gebäude, asbestsaniert und genauso rekonstruierbar nach modernen Gesichtspunkten wie jedes Gebäude in der Denkmalpflege oder Altbautensanierung, eine fest gegründete dichte (!) Wanne, kulturelle Nutzungsvorhaben ohne Ende - wer ist hier eigentlich großmannssüchtig? Und was ist hier eigentlich logisch?

Gibt es einen neuen Ansatz, obwohl die Uhr auf "Abriß" tickt? Gegen jedes Gesetz, denn ein Bebauungsplan, eine Baugenehmigung, wie sie für jeden Bau- und Abriß-Vorgang erforderlich ist, existiert nicht.

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